Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Städte und Gemeinden in Deutschland. Doch kaum ein Steuerthema ist derzeit so umstritten: Die Reform der Grundsteuer, die ab 2025 greift, wirft nicht nur technische und praktische Fragen auf, sondern auch tiefgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Immer mehr Stimmen äußern ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des neuen Modells – insbesondere am sogenannten Bundesmodell.
In diesem Artikel analysieren wir, warum die Grundsteuer ab 2025 in der Kritik steht, welche Argumente für eine mögliche Verfassungswidrigkeit sprechen und was Eigentümerinnen und Eigentümer konkret tun können.
Einleitung: Warum ist die neue Grundsteuer ab 2025 ein heißes Eisen?
Mit Wirkung zum 1.1.2025 ersetzt die Grundsteuerreform das alte, für verfassungswidrig erklärte Modell. Bis dahin galt die Bemessungsgrundlage der alten Grundsteuer, basierend auf den veralteten Einheitswerten von 1964 bzw. 1935. Diese wurden vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Jahr 2018 für verfassungswidrig erklärt, da sie gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelten und damit gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes verstießen.
Daraufhin wurde eine umfassende Reform der Grundsteuer beschlossen. Doch auch das neue Grundsteuermodell wird zunehmend zum Streitfall: Die berechnung der grundsteuer, insbesondere des Grundsteuerwerts nach dem Bundesmodell, stößt auf Kritik – sowohl von Seiten der Bevölkerung als auch vor Finanzgerichten.
Das neue Bundesmodell zur Grundsteuer: Ein Überblick
Die Grundlage der neuen Grundsteuer ab 2025 bildet der sogenannte Grundsteuerwert, der durch eine Neubewertung aller Grundstücke und Immobilien ermittelt wurde. Wesentliche Parameter:

- Wert des Grundstücks (u.a. anhand des Bodenrichtwerts in einer Kommune)
- Wohnfläche und Bebauung
- Alter des Gebäudes
- Lage des Grundstücks
Diese Faktoren fließen in die Berechnung des Grundsteuerwertes ein. Daraus wird mithilfe der Steuermesszahl und des kommunalen Hebesatzes die finale Steuerlast berechnet.
Doch viele Eigentümer bemängeln eine mangelnde Nachvollziehbarkeit. Besonders strittig ist die Frage, ob das neue System wirklich fairer ist – oder erneut gegen das Grundgesetz verstößt.
Kritik am Bundesmodell: Ist die Grundsteuer 2025 erneut verfassungswidrig?
Erste Verfahren vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz und anderen Landesgerichten zeigen: Die juristische Aufarbeitung hat längst begonnen. In mehreren Fällen wurde Einspruch eingelegt, um die Festsetzung der Grundsteuer überprüfen zu lassen. Und das aus gutem Grund:
1. Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit
Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz äußerte im Frühjahr 2024 in einem Fall ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells. Der Fall wurde zur Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) weitergeleitet. Im Fokus stehen dabei Fragen wie:
- Bevorzugt das Modell bestimmte Regionen oder Nutzungsarten?
- Ist die Festsetzung des Grundsteuerwerts objektiv nachvollziehbar?
- Können individuelle Gegebenheiten wie z. B. die reale Vermietungssituation oder die Lage des Grundstücks ausreichend berücksichtigt werden?
2. Flächenmodelle der Länder: Ungleichbehandlung durch Öffnungsklausel?
Einige Bundesländer – etwa Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg – haben sich gegen das Bundesmodell entschieden und eigene, vereinfachte Modelle eingeführt, die sich stark an Fläche und Nutzung orientieren. Diese Varianten verzichten auf wertabhängige Komponenten und könnten daher Eigentümer entlasten.
Doch genau diese Unterschiedlichkeit zwischen Bundesländern wirft verfassungsrechtliche Fragen auf: Wie kann es sein, dass ein Objekt in Rheinland-Pfalz teurer besteuert wird als ein fast identisches in Baden-Württemberg?
Welche Möglichkeiten haben Eigentümerinnen und Eigentümer?
Eigentümer, die Zweifel an der Richtigkeit ihrer Grundsteuerbescheide haben, sollten aktiv werden:
1. Bescheid prüfen lassen
Das Finanzamt versendet derzeit laufend Bescheide über den Grundsteuerwert. Diese sollten genau geprüft werden – insbesondere hinsichtlich:

- Wohnfläche
- Bebauung
- Bodenrichtwert
- Nachweis eines niedrigeren Wertes
2. Einspruch einlegen
Ist der Bescheid fehlerhaft oder bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells, kann ein formaler Einspruch eingelegt werden. Hierbei sollte man auf laufende Gerichtsverfahren und mögliche Revisionen zum Bundesfinanzhof Bezug nehmen. In begründeten Fällen kann zudem eine Aussetzung der Vollziehung beantragt werden, bis eine Entscheidung gefallen ist.
Was sagen Experten und Interessenverbände?
Der Bund der Steuerzahler kritisiert die Umsetzung der Grundsteuerreform scharf. Laut Verband wurde die Chance auf ein einfaches, gerechtes System vertan. Stattdessen führe das neue Modell zu Bürokratie, Unsicherheit und einer potenziellen Klageflut.
Auch der BFH muss sich zunehmend mit Fällen befassen, in denen Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte geltend machen. Experten erwarten, dass sich das Bundesverfassungsgericht erneut mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells befassen muss – möglicherweise schon ab Januar 2025.
Welche Rolle spielen die neuen Hebesätze ab 2025?
Die eigentliche Steuerlast ergibt sich aus dem Hebesatz, den die Kommunen festlegen. Zwar betonen Politik und Verwaltung immer wieder, dass die Grundsteuer insgesamt nicht teurer werden solle, doch ist dies de facto kaum überprüfbar.
Viele Kommunen stehen unter finanziellem Druck und könnten neue Hebesätze für die Grundsteuer nutzen, um ihre Einnahmen zu sichern – mit teils drastischen Folgen für Mieterinnen und Mieter, da die Grundsteuer häufig auf die Nebenkosten umgelegt wird.
Grundsteuer und soziale Gerechtigkeit: Ein ungelöstes Dilemma
Ein zentrales Ziel der Reform war es, gerechter zu besteuern. Doch Kritiker weisen darauf hin, dass gerade in wirtschaftsstarken Regionen mit hoher Nachfrage die Steuerlast steigen wird – unabhängig von der Einkommenssituation der Betroffenen.
Was passiert, wenn das neue Modell scheitert?
Sollte das Bundesmodell tatsächlich als verfassungswidrig eingestuft werden, stehen gravierende Konsequenzen im Raum:
- Rückwirkend könnten Bescheide aufgehoben werden müssen
- Kommunen stünden ohne eine stabile Einnahmequelle da
- Es müsste ein komplett neues Modell entwickelt werden
Ein solcher Fall würde weit über die Steuerpolitik hinaus Auswirkungen auf den sozialen Wohnungsbau, kommunale Investitionen und die Wohnkosten haben.
Fazit: Grundsteuer kommt – aber ist sie verfassungskonform?
Die neue Grundsteuer ab 2025 soll vieles besser machen. Doch mit der Einführung der neuen Regeln wachsen auch die rechtlichen Unsicherheiten. Einsprüche, Klagen, und gerichtliche Überprüfungen mehren sich – mit Verweis auf ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit. Das letzte Wort dürfte hier noch lange nicht gesprochen sein.
Unsere Empfehlung: Eigentümer sollten ihre Bescheide genau prüfen, gegebenenfalls Einspruch eingelegt und sich über die Rechtslage informiert halten. Steuerberater können helfen, die individuellen Chancen einer Aussetzung der Vollziehung oder eines gerichtlichen Verfahrens einzuschätzen.
In jedem Fall bleibt abzuwarten, wie der Bundesfinanzhof und möglicherweise erneut das Bundesverfassungsgericht über das neue Grundsteuermodell urteilen – und welche Folgen das für die Bürgerinnen und Bürger hat.
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